
Als Führungskraft im Callcenter kennst du das nur zu gut: Der Tag ist ein ständiges Jonglieren zwischen Gesprächen mit deinem Team, Meetings, Eskalationen von Kunden, Coachings deiner Mitarbeitenden und dem Blick auf die Zahlen. Du bist nicht nur Teamleiter oder Projektverantwortlicher – du bist auch Zuhörer, Entscheider, Motivator, Mediator, Trainer und manchmal sogar Psychologe.
Rollenklarheit: Warum sie dir hilft
Jede dieser Rollen bringt eigene Anforderungen, Denkweisen und Kommunikationsstile mit. Ohne ein klares Bewusstsein darüber, in welcher Rolle du gerade agierst, kommt es schnell zu Missverständnissen, Konflikten oder innerer Überforderung.
Vielleicht hast du schon erlebt, dass du in einem Feedbackgespräch zu analytisch warst, obwohl dein Gegenüber gerade emotionale Unterstützung gebraucht hätte. Oder du hast bei einem Teammeeting zu sehr gecoacht, als eigentlich ein klares Machtwort gefragt gewesen wäre. Das ist ganz normal – und vermeidbar.
Die Methode der imaginären Hüte
Ein wirkungsvoller Hack ist die Methode der „imaginären Hüte“. Stell dir für jede deiner Führungsrollen einen symbolischen Hut vor, den du bewusst aufsetzen kannst. Das hilft dir, gedanklich in die passende Haltung zu wechseln.
So funktioniert es:
Identifiziere deine wichtigsten Rollen.
Zum Beispiel:
- Coach: Du unterstützt Mitarbeitende in ihrer Entwicklung.
- Manager: Du steuerst Prozesse, KPIs und Ziele.
- Leader: Du gibst Richtung, Motivation und Vision.
- Mediator: Du klärst Konflikte im Team.
- Experte: Du gibst fachliche Hilfestellung.
- Mensch: Du hörst zu, wenn jemand einfach mal reden will.
Ordne jeder Rolle einen imaginären Hut zu.
Das mag albern klingen – aber es wirkt.
Bevor du in ein Gespräch gehst, ein Team-Meeting hältst oder anderweitig kommunizierst, überlege dir, welche Rolle jetzt gerade in der Situation zielführend ist. Und setze dir imaginär den entsprechenden Hut auf. Begebe dich in die entsprechende Rolle und handle bewusst.
🎓 Coach-Hut
Du unterstützt dein Team beim Lernen und Wachsen. Du stellst Fragen, gibst Feedback, stärkst Potenziale und förderst Eigenverantwortung.
⛑️ Manager-Hut
Du behältst Zahlen, Prozesse und Zielvorgaben im Blick. Du planst, organisierst, optimierst – und sorgst dafür, dass das Tagesgeschäft läuft.
🧢 Leader-Hut
Du gibst Orientierung, motivierst dein Team und lebst die Werte vor. Du sorgst für Zusammenhalt, Sinn und Begeisterung im Alltag.
⚖️ Mediator-Hut
Du klärst Spannungen und schaffst Verbindung. Du hörst zu, vermittelst fair und findest Lösungen, wenn Meinungen auseinandergehen.
🧶 Mensch-Hut
Du bist einfach da – ohne Agenda. Du hörst zu, zeigst Mitgefühl und baust Vertrauen auf. Hier zählt echte Nähe, nicht Leistung.
Wähle bewusst deinen Hut vor wichtigen Situationen.
Beispiel 1: Eine Mitarbeiterin liefert mehrere Tage schlechte Ergebnisse
Eine Mitarbeiterin hat seit Tagen schlechte Zahlen. Du kannst mit dem Manager-Hut ins Gespräch gehen – dann wirst du über Performance reden, Prozesse prüfen, Zahlen vergleichen. Oder du ziehst zuerst den Mensch-Hut auf – hörst zu, fragst nach, baust Vertrauen auf. Danach kann immer noch der Manager-Hut folgen. Die Reihenfolge macht einen Unterschied.
Tipp: Kenne das Warum deines Gegenübers.
Beispiel 2: Ein Kollege bringt ständig Störungen ins Teamgefüge.
Du könntest wieder direkt mit dem Manager-Hut hineingehen – klare Regeln ansprechen, Konsequenzen andeuten, Grenzen setzen.
Oder du startest mit dem Mediator-Hut – hörst dir beide Seiten an, versuchst zu verstehen, wo das Verhalten herkommt.
Danach ist immer noch Zeit für Klartext mit dem Manager-Hut. Erst verstehen, dann steuern – das schafft mehr Akzeptanz.
Beispiel 3: Eine neue Mitarbeiterin fragt ständig nach Hilfe bei Standardsituationen
Mit dem Experten-Hut erklärst du geduldig die Abläufe und gibst Antworten.
Effizienter wäre vielleicht der Coach-Hut – du stellst Rückfragen, regst zum Selberdenken an und stärkst so ihre Sicherheit.
Du entscheidest: Willst du kurzfristig lösen oder langfristig entwickeln?
Die Vorteile von klaren Rollen
- Du agierst bewusster, statt reaktiv.
- Deine Kommunikation wird klarer und passender.
- Du vermeidest Rollenkonflikte und Überforderung.
- Dein Team fühlt sich besser verstanden und geführt.
- Du stärkst deine persönliche Wirksamkeit.

Fazit
Rollenklarheit ist keine Spielerei – sie ist ein echter Erfolgsfaktor für Führungskräfte. Indem du dir deiner unterschiedlichen Rollen bewusst wirst und sie gezielt einsetzt, bekommst du mehr Kontrolle über dein Verhalten, deine Wirkung und deine Entscheidungen.
Probier es aus: Überlege dir noch heute deine wichtigsten „Hüte“ und teste sie bei der nächsten herausfordernden Situation. Mit etwas Übung wirst du merken: Du führst bewusster, wirkungsvoller – und mit mehr Leichtigkeit.
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