
Die meisten Verkäufer verstehen nicht, dass sie ihre Kunden tagtäglich emotional verletzen. Sie schüren negative Gefühle bei ihren Kunden. Unwissentlich. Und sie begehen den schlimmsten Fehler in der Einwandbehandlung: viel zu früh aufzuhören.
Jetzt fragst du dich, wieso eine fehlende oder halbherzige Einwandbehandlung schlimm sein sollte? Es ist doch höflich, den Wunsch des Kunden zu respektieren, indem das Nein des Kunden akzeptiert wird, oder? Zu sehr nachbohren und dran bleiben, nervt den Kunden doch nur unnötig. Nicht wahr?
Die Hoffnung auf den perfekten Partner
Eine junge und attraktive Frau geht zusammen mit ihren Freundinnen in den Club. Sie macht sich zu Hause zurecht und wirft sich in Schale. Ihr Beziehungsstatus: Single. Und sie wartet schon recht lange auf ihren Prinzen.
Im Club angekommen setzt sie sich an den Tresen der Bar und bestellt sich etwas zu trinken, während sie auf ihre Freundinnen wartet, die wie immer etwas zu spät dran sind.
Ein attraktiver Mann tritt an die Bar zu ihr. Er ist groß und ein wahrer Blickfang. Mit lebhaften, strahlenden Augen spricht er sie an und macht ihr ein Kompliment. Da ist er, der Mann ihrer Träume, direkt vor ihr. Er spricht sie an, und ihr Herz schlägt schneller.
Er stellt sich ihr vor und äußert den Wunsch, sie näher kennenzulernen. Seine Worte kommen unaufdringlich, echt und ansprechend bei ihr an. Sie spürt eine lange nicht erlebte Anziehung.

Zwischen innerem Konflikt und verletzlicher Sehnsucht
Freude steigt in ihr auf. Doch dann kommt ihr der Ratschlag ihrer Mutter in Erinnerung: „Nimm nicht den erstbesten Mann, der auf dich zukommt.“ Und ihre Oma klingt plötzlich in ihren Ohren: „Ein Mann muss um dich kämpfen! Sonst ist er es nicht wert.“ Sowie all die Erziehungsglaubenssätze, wie „als Mädchen muss man sich rarmachen“ und „ob du wichtig für ihn bist, erfährst du erst, wenn du ihn zappeln lässt“.
In einem Augenblick überlegt sie, wägt die Vor- und Nachteile ab, und plötzlich entgleiten ihr die Worte: „Nein, ich habe kein Interesse. Ich warte hier auf meine Freundinnen, um einen schönen Abend zusammen zu verbringen.“
Der Mann zeigt sich als wahrer Gentleman. Er respektiert ihr Nein ohne Widerworte. „Ich möchte euch nicht zur Last fallen. Schade, dass es nicht klappt. Ich wünsche euch einen schönen Abend“, sagt er und wendet sich dann um, um zu gehen.
Sie verspürt Zweifel und fragt sich, warum er nicht um sie kämpft. Hat er es etwa nie ernst gemeint? Vielleicht sucht er sich jetzt eine andere, die auf seine Versprechungen hereinfällt. Es fühlt sich schrecklich an. Traurig und mit vielen wirbelnden Gedanken bleibt sie allein zurück. Ein Gedanke, der sich wie ein schmerzhaftes Messer in ihr Herz gräbt, verfolgt sie den ganzen Abend: Ich war ihm nicht wichtig genug; er ist gegangen – einfach so.
Das Learning

Das, was eine brauchbare Geschichte für einen Beziehungsratgeber sein könnte, geschieht Tag für Tag und Gespräch für Gespräch unzählige Male im Verkauf.
Wenn man Desinteresse zeigt und einer Person das Gefühl vermittelt, dass sie es nicht wert ist, um sie zu kämpfen oder sich mit ihr auseinanderzusetzen, kann das beim Gegenüber eine tiefe Enttäuschung hervorrufen.
Der Kunde zeigt sich skeptisch gegenüber dem Produkt, das du versuchst anzubieten. Nach einer unzureichenden Behandlung seiner Einwände geht ihr getrennte Wege, ohne dass ein Verkauf zustande kommt.
Der Kunde ist enttäuscht, da er gerne einen Kauf getätigt hätte, aber unsicher war und nicht die nötige Unterstützung erhielt. Zudem bleibt bei ihm das gleiche Gefühl zurück wie bei der Frau an der Bar: Es scheint, als wäre er als Kunde nicht wirklich wertgeschätzt worden.
Auch du bist unzufrieden, weil dir erneut ein Verkauf entgangen ist. Das beeinflusst deine Stimmung, die dein nächster Kunde unbewusst wahrnimmt. Deine Motivation, Einwände zu behandeln, lässt nach – ein Teufelskreis entsteht.
Deswegen ist es entscheidend, die Bedenken der Kunden ernst zu nehmen und auf sie einzugehen. Dadurch signalisierst du nicht nur deinem Kunden, dass er wertgeschätzt wird, sondern du gibst dir selbst die Gewissheit, dein Bestes gegeben zu haben. Gehe auf jeden Kundeneinwand ein. Sei hartnäckig. Überwinde den inneren Schweinehund, der dir aus Bequemlichkeit einreden will, dass es falsch sei, beharrlich zu sein.
Gemeinsamkeit von Erste Hilfe und Einwandbehandlung?
Die Gemeinsamkeit zwischen Erster Hilfe in einer Notsituation und der Behandlung von Einwänden ist: Du kannst nichts verkehrt machen.
Es ist möglich, dass bei einer Reanimation während der Herzdruckmassage Rippen brechen. Dennoch, wenn du nicht handelst, wird die Person sterben. Ebenso kann es bei der Einwandbehandlung passieren, dass dein Kunde unzufrieden reagiert, wenn du hartnäckig bleibst. Aber wenn du nichts unternimmst, bleibt das Ergebnis gleich: Der Kunde kauft nichts.
Wann solltest du aus der Einwandbehandlung aussteigen? Immer dann, wenn du Gefahr läufst, dich zu wiederholen, weil dir Argumente ausgehen. Beende dann freundlich das Verkaufsgespräch.
Und in der Nachbereitung überlege dir, was du besser anders gemacht hättest im Gespräch. Und wenn dir partout nichts einfällt, frage einen Kollegen, Trainer oder Coach. Vertraue niemandem, der dir lediglich bestätigt, dass es nicht möglich war, bei diesem Kunden etwas zu verkaufen, ohne dir einen guten Tipp zu geben, was du besser machen könntest. Das ist wieder eine Form von Desinteresse, wie sie in diesem Beitrag beschrieben wird.
Möchtest du tiefer in das Thema Einwandbehandlung einsteigen? Dann findest du im Beitrag „Die Kunst der Einwandbehandlung im Verkauf“ grundlegende Informationen. Inklusive der Möglichkeit, eigene herausfordernde Einwände, mit denen du konfrontiert wirst, einzureichen.
Denke daran, dass eine positive Grundeinstellung im Verkauf unerlässlich ist. Mehr dazu im Artikel: Für jede Lösung ein Problem.
Hast du Fragen oder Gedanken zu diesem Thema? Dann freue ich mich über deinen Kommentar.
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